Mietpreisbremse

Die sogenannte Mietpreisbremse, im Juni 2015 in Kraft getreten und für fünf Jahre gültig, schreibt fest, dass bei einer Neuvermietung die Miete nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Sie gilt jedoch nur in von den Bundesländern festgelegten Gebieten "mit angespannten Wohnungsmärkten" - also meist Ballungsräumen und Uni-Städten. Neubauten und "umfassend renovierte Wohnungen" fallen jedoch nicht unter diese Regel.


Mag sein, dass in dieser Ecke von Berlin-Neukölln auch im Mai noch ein Weihnachtsbaum auf dem Gehsteig vertrocknet. Dass dem Wasserboiler nach fünf Minuten die Kraft ausgeht und sich auf den Dielen zehn Jahre lang Kerben gesammelt haben. Doch für Luise Winter ist die Wohnung gut, zwei Zimmer, Südseite, und sie kann sie sich leisten. Knapp 320 Euro Kaltmiete zahlte ihre Vormieterin.

Doch als Winter sich bei dem Immobilienunternehmen meldet, schickt es ihr einen anderen Vertrag. Nun koste die Wohnung rund 450 Euro im Monat. Eine Eigenberechnung, erklärt die Firma: Sie habe die Preise von drei Wohnungen in der Nachbarschaft miteinander verglichen. Winter ist 29 Jahre alt, Freiberuflerin, schwankendes Einkommen. Viele Angebote hatte sie nicht in zwei Jahren Wohnungssuche. Also zieht sie ein.
Eigentlich gilt in Berlin seit Juni 2015 die Mietpreisbremse: Wenn eine Wohnung nicht saniert wurde, dürfen Vermieter nicht mehr als zehn Prozent auf den ortsüblichen Preis aufschlagen. Tun sie es doch, können Mieter klagen. Luise Winter, die ihren richtigen Namen nicht nennen möchte, hat jetzt einen Anwalt beauftragt. Sie gehört damit zu einer sehr raren Spezies. Dass neu eingezogene Mieter sich auf die Mietpreisbremse berufen und gegen das vorgehen, was ihr Vermieter von ihnen verlangt, kommt nicht oft vor - nicht in Berlin und selbst in München nicht, wo bundesweit am tiefsten in die Tasche greifen muss, wer dort wohnen will.
Zwar gilt die Mietpreisbremse auch hier seit August, aber der örtliche Mieterverein hat laut seiner Sprecherin Anja Franz seither nur "eine verschwindend kleine Zahl" an Mietern registriert, die sich in dieser Sache überhaupt haben beraten lassen - geschweige denn, sich gegen überhöhte Forderungen wehren. "Die meisten sind froh, wenn sie in München überhaupt eine Wohnung finden", sagt Franz, "da wollen sie sich es nicht gleich als Erstes mit dem neuen Vermieter verscherzen."
Aus diesem mangelnden Klagewillen wollen die Mieterlobbyisten allerdings nicht schließen, dass sich alle brav an die neue Bremse halten. Im Gegenteil: Eine Studie des Forschungsinstituts Regiokontext im Auftrag des Berliner Mietervereins hat ergeben, dass die Preise in der Hauptstadt 31 Prozent über der zulässigen Miete liegen. Auch in München zeigt ein Blick ins Angebot der Immobilienportale, wo sich die allermeisten Angebote bewegen: auf Preisniveaus sehr deutlich oberhalb der durch die Bremse vorgegebenen örtlichen Vergleichsmiete, plus zehn Prozent.


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